Zum Kinostart des Dokumentarfilms über sein Gourmetrestaurant „Noma“ am 9. Februar sprechen wir mit Rene Redzepi über seine Ziele, persönliche Vorlieben beim Essen und natürlich auch über New York.
Bilder: Alle Bilder stammen aus dem Film „Noma“ – © Pierre Deschamps
Rene Redzepi ist einer der besten Köche unserer Zeit. Als Wegbereiter der Nordic Cuisine setzt er ausschließlich auf Zutaten aus dem nordeuropäischen Raum – was ihn zu ungeahnter Kreativität antreibt. Sein Kopenhagener Restaurant „Noma“ landete seit 2010 viermal an der Spitze der „World´s 50 Best Restaurants“ und ist mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Nun hat es die Pforten geschlossen und wird im Herbst an einem neuen Standort und inklusive eigener Urban Farm wieder eröffnet.
Rene, Sie stecken mitten in einem Interview-Marathon zum Noma-Film, der am 9. Februar in den deutschen Kinos startet. Ist das anstrengender als die Arbeit in der Küche?
Rene Redzepi: Zugegeben, ich bin ein wenig müde. Heute ist Sonntag, das Noma hat geschlossen und ich nutze diesen Tag normalerweise, um auszuspannen. Heute ging es aber sehr früh in den Flieger zu unserem Interview hier in München.
Sie sagten einmal, es war ein langer, harter Prozess, die „Nordic Cuisine“ zu dem zu machen, was sie heute ist. Sind Sie auch müde, was die nordische Küche angeht?
Rene Redzepi: Nein, ganz im Gegenteil. Es macht mehr Spaß denn je. Wir planen ja gerade den Umzug in das neue Noma und ich hoffe, dass ich dort für den Rest meines Lebens arbeiten werde. Dort habe ich nämlich alles, was ich für meine Idee der nordischen Küche benötige. Mehr Platz für Küche und unsere Forschungsabteilung, Lagermöglichkeiten für unsere fermentierten Produkte und eigene Anbauflächen für Salat, Kräuter und Beeren.
Mit knapp 40 Jahren hätten Sie dann Ihr Ziel bereits erreicht?
Rene Redzepi: Ich hoffe es. Es ist eine Art Neustart und ich bin noch jung genug, diesen Schritt jetzt zu gehen. Ich möchte dort am neuen Standort all das endgültig perfektionieren, wofür wir in den vergangenen 13 Jahren im Noma geübt haben.
Sie kochen ausschließlich mit regionalen Zutaten und fahren immer nur mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ist Nachhaltigkeit die treibende Kraft hinter der Nordic Cuisine?
Rene Redzepi: Nein. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass die regionale Küche im Noma politisch motiviert ist. Natürlich liegt mir als Individuum und als Familienvater die Umwelt am Herzen – ich wäre ja dumm, wenn das nicht so wäre. Aber das Noma und seine Art der Küche sollen kein umweltpolitisches Statement darstellen.
Wie wichtig sind Auszeichnungen wie Michelin-Sterne für Sie?
Rene Redzepi: Natürlich sind Michelin Sterne ungemein wichtig für das Renommee. Aber, und das ist definitv Fakt, wenn wir es nicht bis ganz nach oben auf die Liste der 50 besten Restaurants der Welt geschafft hätten, würde ich nicht hier sitzen. Dann gäbe es auch keinen Film. Diese Liste hat die Geschichte unseres und aller anderen Restaurants verändert, auch wenn es insgesamt natürlich total irrational ist, Restaurants in eine Rangliste zu packen. Nicht falsch verstehen, ich glaube, wir sind heutzutage besser denn je. Aber als wir 2010 zum ersten Mal zum besten Restaurant der Welt gewählt wurden, habe ich uns ungefähr auf Platz 750 gesehen. Heute sind wir womöglich auf Position 450 vorgerückt.
Welche Küche kochen und genießen Sie denn privat? Abgesehen natürlich von der Nordic Cuisine…
Rene Redzepi: Ich würde nicht sagen, dass ich die nordeuropäische Küche am liebsten mag (lacht). Zumindest nicht als alltägliches Essen. Ich mag natürlich die Küche aus der Heimat meines Vaters, aus Mazedonien. Die Menschen dort essen so gut, obwohl sie sehr wenig Geld haben. Ich mag auch die italienische Küche, viel mehr, als die eigentliche dänische. Die besteht nämlich aus einen Stück Fleisch oder Wurst mit Kartoffeln und bietet fast keinerlei Abwechslung. Am meisten beeindrucken mich aber die japanische und die mexikanische Küche. Tacos sind doch göttlich.
Kochen Sie in den eigenen vier Wänden?
Rene Redzepi: Weil ich so viel arbeite, komme ich zu Hause nicht sehr oft dazu, zu kochen. Ich mag es aber auch sehr, bekocht zu werden und ich habe das Glück, dass sowohl meine Frau als auch ihre Mutter, die bei uns lebt, hervorragend kochen können.
Wäre es nicht interessant für Sie, auch aus finanzieller Sicht, weitere Noma-Filialen zum Beispiel in New York eröffnen?
Rene Redzepi: Ja, natürlich. Ich werde immer wieder gefragt, ob ich nicht gerne mehr Geld verdienen möchte und ein weiteres Noma eröffnen will. Klar wäre mehr Geld schön, aber das kommt für mich nicht in Frage. Wir konzentrieren uns auf das eine Noma und gut. Ich werde so zwar wahrscheinlich kein Millionär werden, aber mir geht es gut, so wie es jetzt ist.
Sie werden im April aber für eineinhalb Monate ein weiteres Pop-Up Restaurant in Mexiko eröffnen. Wäre so etwas für Sie auch in New York denkbar, wo Claus Meyer, Ihr früherer Partner im Noma, gerade das „Agern“ eröffnet hat und die Nordic Cuisine verbreitet?
Rene Redzepi: Ich war im Agern zum Essen, aber ein Pop-Up in New York zu machen kommt derzeit nicht in Frage. In medialer Hinsicht und aus Marketinggründen wäre das sicher nicht die schlechteste Idee. Aber ich weiß nicht, ob wir uns dort treu bleiben könnten, denn es ist schwer, dort noch regionale Zutaten zu finden, die wirklich von dort stammen. Die Einwanderer haben Pflanzen und Gewohnheiten mitgebracht, das Ursprüngliche verdrängt. Würden wir also nach New York gehen und versuchen, wie die Einwanderer zu kochen? Italienisch etwa? Oder sollten wir uns an den vielen jüdischen Delis dort orientieren? Wir müssten herausfinden wie und was die Ureinwohner gegessen haben, aber die leben leider fast alle in Reservaten heutzutage, haben sich mit anderen Stämmen vermischt und viele ihrer Traditionen sind verloren gegangen.
Würden Sie denn die Küche im Agern, die gerade mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde und die ja auch nordisch inspiriert ist, mit der im Noma vergleichen?
Rene Redzepi: Küchenchef Gunnar Gislason war ja mal ein Praktikant bei uns im Noma. Aber nein, das Agern hat viel mehr amerikanische als skandinavische Einflüsse und auch die Zutaten stammen von dort. Die Küche ist gut, aber das Agern ist so gesehen auch nur die nächste Kopie des Noma.