Gerade in New York ist man verrückt danach, sein Essen zu fotografieren und so mancher Laden profitiert davon, wenn die Fotos seiner Gerichte viral gehen. Doch sind Foodfotografie und Social Media auch für den Healthy-Trend verantwortlich?
Sie nennen sich „Foodies“ und sind seit einer ganzen Weile nahezu omnipräsent. Der leckere Schnappschuss vom eigenen Essen geht viral und erfreut sich via Instagram sowie anderen sozialen Netzwerken immer größerer Beliebtheit. Was steckt hinter dem populären Trend? Welchen Status nimmt die Foodfotografie ein? Und hängt der New Yorker Health-Trend mit der zunehmenden Digitalisierung zusammen?
Food Porn – Zeigt her, was auf den Tisch kommt!
Ob in edlen Lokalen oder beim Italiener um die Ecke, auf fast jedem Restauranttisch liegt ein Smartphone, das darauf wartet, den opulenten Teller zu fotografieren und zeitnah bei Instagram und Co. hochzuladen. Gerade in New York wird neben dem Gaumen oft genug auch das Auge verwöhnt und ein solches Foto präsentiert der Welt, was gerade auf den Tisch kommt. Dazu lässt es dabei natürlich auch Rückschlüsse auf den Fotografen zu, denn beim „Foodie“ (dem Mahlzeiten-Selfie) geht es nicht um den fotografischen Beweis für den schlechten Koch, sondern darum, zu zeigen, welch‘ köstliches Mahl derzeit genossen wird.
Meist sind es urbane Großstädter, New York gilt hier wieder einmal als Epizentrum, bei denen das Smartphone zum Essen zählt, wie Gabel und Messer. Die Freude über Kommentare von Followern ist dabei fast so groß, wie die Vorfreude auf den Nachtisch. Im Zusammenhang mit diesem Trend entstand auch der Begriff „Food Porn“, welcher aber durchaus auch eine negative Konnotation haben kann. Vordergründig geht es ja erst einmal darum, das Gericht auf dem Teller möglichst appetit- und neidanregend abzulichten. Kritische Stimmen werfen hier ein, dass dabei aber etwas sehr Privates nach außen getragen wird. Ein Umstand, der in der heutigen durchdigitalisierten Zeit aber nahezu jeden Lebensbereich begleitet. Das tut der Euphorie um die Foodfotografie aber keinen Abbruch. Zumal diese selbst im Grunde auch nicht neu ist, nur eben im Zuge des technischen Fortschrittes eine starke Demokratisierung erfährt. In sozialen Netzwerken bilden sich Gruppen, die neben den Kommentaren auch Tipps liefern, in welchem Aufnahmemodus das Foodfoto optimiert werden könnte. Besonders eifrige Foodie-Jünger bannen den gelungenen Schnappschuss vom supersaftigen Deluxe-Burger sogar auf eine selbstgestaltete Handyhülle.
Das Smartphone als Türöffner
Dazu kommt, dass heute nahezu jeder ein Smartphone besitzt. Diese Verbreitung trägt dazu bei, dass ein Jeder seine eigene Weltsicht hervorbringen und andere an seinem Leben via Instagram und Co. teilnehmen lassen kann. Das soziokulturelle Phänomen des „POIDH“ („Pics or it didn‘t happen“, auf Deutsch „Fotos her oder es ist nie passiert“) ist dabei ein Grundbaustein in einer immer stärker optisch wahrgenommenen Welt. Statt ausschweifend über das Essen zu berichten, wird optische Beweisführung betrieben und Fakten via Foto geschaffen, das einen unbestreitbaren Nachweis liefert, dass man zu Zeitpunkt X tatsächlich in Lokal Y war oder sogar höchst selbst ein leckeres Gericht zubereitet hat. Ohne Beweis wird die Fangemeinde eher misstrauisch.
Statussymbole gegen den Mainstream?
Doch welchen Zweck hat das? Wie teure Autos, stylische Klamotten oder auch idyllische Reisefotos stellt Essen, zumal, wenn es hochwertig und teuer aussieht, ein lupenreines Statussymbol dar. Jedoch ein eher subtileres. Man signalisiert nach außen nämlich gleich mehrere Aspekte. Zum einen, dass man ein hohes Maß an Kultiviertheit besitzt, darüber hinaus Bescheid weiß, wo es sich gut speisen lässt und zudem natürlich über das nötige Geld verfügt, um sich dieses Gericht auch leisten zu können. Auch beim Kochen daheim lassen sich dieselben Punkte abhaken. Hinzu kommt der Umstand, dass sich an das selbstgekochte Gericht ein großes, plakatives Do-It-Yourself-Label heften lässt. Man verfügt also nicht nur über die nötigen Ressourcen, sondern ist a) zum Kochen fähig und b) ein bewusst lebender Mensch. Ein Etikett, das in einer immer stärker umwelt- und gesundheitsorientierten Welt eine hohe Wertigkeit besitzt und attraktiv wirkt.
Appell zur Geselligkeit
Das Foodie ist also gleichermaßen Auslöser und Anheizer dieses Trends zu einer gesünderen Lebensführung. Denn blendet man einmal den Statusgedanken aus, haben gutgemachte Fotos von Nahrungsmitteln natürlich den Effekt, dass der Betrachter Lust bekommt, selbst gut zu essen und das Gericht im besten Fall sogar nachzukochen. Sie vermitteln den Eindruck, dass es doch lohnenswert ist, Zeit und Mühe am heimischen Herd zu investieren anstatt sein Abendessen in der nächsten Pommesbude zu sich zu nehmen. Zudem rücken gut gemachte Foodfotos den gesellschaftlichen beziehungsweise geselligen Charakter des Essens wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen. So kann Food Porn tatsächlich eine Brücke schlagen; vom digitalen Eigenbrötler zurück zum analogen Homo Cummunicans. Ein Trend also, der also durchaus begrüßenswert ist. Denn neben einer guten Ernährung ist auch der regelmäßige Umgang mit Freunden wichtig für die Gesundheit.
Foodies tragen also, beabsichtigt oder nicht, ihre Portion dazu bei, dass das Essen an sich wieder zelebriert wird. Zudem kommt ihnen eine sogar höchst metaphysische Bedeutung zu, denn sie halten das eigentlich Vergängliche nachhaltig in all seiner göttlichen Schönheit und Perfektion fest. Derart im Digitalen verewigt, erfährt eine eigentlich schlichte Mahlzeit eine gewisse Transzendierung.
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