In New York City wurden die 10 Finalisten des renommierten Basque Culinary World Prize 2018 bekanntgegeben. Unter den Nominierten ist mit Anthony Myint auch der Betreiber der beiden New Yorker „Mission Chinese Food“-Restaurants.
Fotos: ©Basque Culinary World Prize; The Perennial (Anthony Myinth); www.dieuveilmalonga.com
Mitten im Flatiron District, genauer gesagt im Restaurant Cosme in der East 21st Street, wurden am gestrigen Mittag die 10 Finalisten des Basque Culinary World Prize 2018 bekanntgegeben. Bei den von der Jury für die Auszeichnung ausgewählten Personen handelt es sich um sieben Köche und drei Köchinnen. Diese engagieren sich sozial und arbeiten dabei an unterschiedlichen Projekten, die mit Nachhaltigkeit, Innovation, Forschung, Gesundheit, Gleichberechtigung, Ernährungserziehung oder Biodiversität in Zusammenhang stehen. Der internationale Preis, der im Rahmen der umfassenden Strategie Euskadi-Basque Country von der Baskischen Regierung und dem Basque Culinary Center entwickelt wurde, ist mit 100.000 Euro dotiert, die der Gewinner oder die Gewinnerin für ein Projekt seiner/ihrer Wahl spenden wird.
Neben dem Gastgeber, Spitzenkoch und Jury-Mitglied des renommierten Preises, Enrique Olvera (Titelbild), waren auch der stellvertretende Minister für Landwirtschaft, Fischerei und Lebensmittelpolitik der Baskischen Regierung, Bittor Oroz, der Generaldirektor des Basque Culinary Center, Joxe Mari Aizega und die Gewinnerin des Basque Culinary World Prize 2017, Leonor Espinosa, vor Ort und warteten gespannt auf die Bekanntgabe der Finalisten.
Anthony Myint (USA) unter den Finalisten
Unter den 10 Nominierten befindet sich mit Anthony Myint auch der betreiber der beiden „Mission Chinese Food“-Restaurants in New York City. Die Begründung der Jury in seinem Fall:
„Von einem wissenschaftlichen und innovativen Fokus ausgehend, zeigt Anthony Myint, dass Restaurants im Kampf gegen den Klimawandel mit gutem Beispiel vorangehen können. Als Persönlichkeit der Gastronomie-Szene von San Francisco und New York mit den „Mission Chinese Food“-Restaurants ist dieser Koch Mitbegründer von ZeroFoodprint, einer Non-Profit-Organisation, die Lebensmittelgeschäfte berät, damit diese ihren CO2-Fußabdruck verringern oder auch gar keinen mehr erzeugen.
ZeroFoodprint analysiert alle Aktivitäten im Restaurant, bei denen Treibhausgase entstehen: Die Art der verwendeten Zutaten, ihr Transport und ihre Verarbeitung, die Energienutzung oder den Umgang mit Abfällen. Auf der Grundlage dieser Analyse arbeitet er einen Plan aus, der Alternativen zur Optimierung der Effizienz enthält, ohne dass dabei wirtschaftliche Verluste entstehen. Mit gutem Beispiel vorangehend weihte Myint 2016 das Restaurant „The Perennial“ ein, das von Grund auf daraus ausgerichtet ist, Umweltbelastungen zu vermeiden. 2018 engagierten sich weltweit 178 Restaurants bei der Bewegung für den Ausgleich ihrer CO2-Emissionen am Tag der Erde.“
Erstmals deutscher Koch für Basque Culinary World Prize nominiert
Mit Dieuveil Malonga (Kongo/Deutschland), der ab seinem 13. Lebensjahr in Deutschland aufwuchs, schaffte es erstmals ein deutscher Koch auf die Liste der Nominierten. Er kochte in Deutschland unter anderem bei Nelson Müller in der „Schote“ (*), bei Thomas Bühner im „La Vie“ (***) und unter Sven Elverfeld im „Aqua“ (***). Das sagt die Jury über Malonga:
„Dieser in Kongo geborene junge Küchenchef wuchs ab dem Alter von 13 Jahren in Deutschland auf und nutzt seinen heutigen Bekanntheitsgrad, den ihm die Teilnahme an der Kochsendung Top Chef (Frankreich) eingebracht hat, um das gastronomische Talent Afrikas zu fördern und sichtbar zu machen. Mit seiner 2016 gegründeten Plattform Chefs in Africa berät Malonga Köche und Lehrlinge, die er mit Unternehmen, Akademien, Hotels und Restaurants in Kontakt bringt, von denen sie eingestellt werden oder ein Stipendium erhalten.
Sein Ziel besteht darin, jungen Menschen, deren Berufung im gastronomischen Bereich liegt, eine Chance zu bieten, um die Grenzen zu überwinden, mit denen sie gegenwärtig konfrontiert sind: Ausbildungs- und Arbeitsmangel sowie Diskriminierung. Mehr als 4.000 Köche aus afrikanischen Staaten haben sich diesem Netzwerk angeschlossen. Institutionen wie die Weltorganisation für Tourismus und die UNESCO unterstützen seine Aktivitäten.“
Die übrigen Finalisten des Basque Culinary World Prize 2018 und die jeweilige Begründung der Jury:
Caleb Zigas. USA
Zigas ist Geschäftsführer der Organisation La Cocina, einer kommerziellen Küche mit sozialem Charakter, die seit mehr als zehn Jahren Personen mit niedrigem Einkommen – insbesondere Immigrantinnen und Afroamerikanerinnen – zu Geschäftseigentümerinnen in San Francisco macht. Mit einem fünfjährigen Ausbildungs- und Begleitungsprogramm hat La Cocina die Gründung von 30 Kleinstunternehmen unterstützt und ca. 90 weitere vorangetrieben. Mit seiner Arbeit setzt er sich für mehr Integration und Gleichberechtigung auf dem Gastronomiesektor eines Landes ein, in dem der Frauenanteil unter den Restaurantbesitzern 33 % und unter den Chefköchen 21 % beträgt. Zigas ist von Beruf Konditor und hat einen Hochschulabschluss der Michigan University in Globalisierung und Kultur erworben. Er bildete sich über die Finanzierung von Mikroprojekten in Bolivien in Zusammenarbeit mit der NRO ProMujer weiter.
Ebru Baybara Demir. Türkei
In der Türkei, dem Land, das die meisten syrischen Flüchtlinge aufnimmt (über 3,5 Millionen Menschen) nutzt diese unermüdliche Chefköchin die Gastronomie als Werkzeug für die Integration. Mit ihren Initiativen befähigt Baybara Demir Frauen aus den beiden Ländern und baut Vorurteile ab, indem sie den Reichtum hervorhebt, den der kulturelle Austausch mit sich bringt. Ihr neuestes Projekt ist in der Grenzprovinz Mardin angesiedelt, deren angeschlagene Landwirtschaft sie als Basis für den Kampf gegen eine hohe Frauenarbeitslosigkeit und zum Schutz traditioneller Anbautechniken wiederbeleben möchte. Bis zum vergangenen Jahr zählte sie beim Harran Gastronomy Project zu den wichtigsten Pädagoginnen. Dabei handelt es sich um ein Projekt des UNHCR, in dem 160 Menschen, insbesondere syrische und türkische Frauen, in Küchen von Flüchtlingscamps ausgebildet und eingestellt wurden.
Heidi Bjerkan. Norwegen
Diese Chefköchin ist eine Persönlichkeit in der norwegischen Gastronomie und vertritt ein Restaurantmodell, das mit seiner Umgebung harmoniert sowie eine Gastronomie, die sich mit der sozialen Wirklichkeit auseinandersetzt. Ihr Restaurant Credo agiert in einem Kreislaufsystem mit den Bauern aus der Umgebung von Trondheim. Von ihnen erhält sie Bio-Lebensmittel, deren Abfälle später zum Düngen ihrer Felder verwendet werden. 2017 gründete die ehemalige Küchenchefin der norwegischen Königsfamilie das Vippa, ein sozial ausgerichtetes Zentrum, durch das sie Flüchtlingen und Immigranten Ausbildungschancen und Arbeitsmöglichkeiten eröffnet. Bjerkan ließ aus einer alten Lagerhalle für Fisch am Hafen von Oslo einen belebten Straßenmarkt für Lebensmittel entstehen. An seinen Ständen kochen die Teilnehmer von Vippa und servieren einem in der Regel jungen Publikum, das den Markt besucht, um einen Raum der multikulturellen Vielfalt zu genießen, ihre Gerichte.
Jock Zonfrillo. Australien/Schottland
Der schottische Küchenchef ist mit der Aufgabe befasst, ein im Verschwinden begriffenes Ernährungs-Gedächtnis zu bewahren: Das der australischen Ureinwohner. Die letzten 17 Jahre hat er sich der Entdeckung dieser alten, von der nationalen kulinarischen Identität ausgeschlossenen Kultur gewidmet. In dieser Zeit bereiste er Hunderte weit abgelegene Gemeinden und machte die kulinarischen Schätze, die ihre Bewohner mit ihm teilten, im Menü seines renommierten Restaurants Orana und in seinen Fernsehprogrammen zu einem Erlebnis für die Sinne. Mit der Philosophie „mehr zurückzugeben, als man erhält”, rief Zonfrillo 2016 The Orana Foundation ins Leben, deren Ziele von der Unterstützung indigener Gemeinschaften bei der gerechten Herstellung und Vermarktung ihrer Produkte bis hin zur Dokumentation von über 10.000 heimischen Zutaten und zur Erforschung neuer Anwendungen reichen.
Karissa Becerra. Peru
Eine Köchin, Schriftstellerin, Designerin, doch vor allem Aktivistin mit dem Bestreben, unsere Beziehung, die uns von klein auf mit der Ernährung verbindet, zu verändern. Mit ihrem Hochschulabschluss in Philosophie und Anthropologie führt Becerra Kinder und Erwachsene an eine bewusste Ernährung heran. Ihr größtes Projekt ist die Vereinigung ohne Gewinnstreben La Revolución mit einem Programm voller kreativer Aktivitäten, die auf das Reflektieren der Ernährung, jedoch auch auf die Herstellung einer emotionalen Verbindung zwischen Mensch und Lebensmitteln abzielen. Tausende von Kindern, Eltern und Pädagogen nehmen an diesen Workshops teil. Mit den Einnahmen bringt Becerra die Ernährungserziehung in Schulen, denen nur wenig Ressourcen zur Verfügung stehen, und setzt sich mit Nachdruck dafür ein, sie im Themenkreis des Lehrplans der öffentlichen Bildung in Peru aufzunehmen.
Marc Puig-Pey. Spanien
Puig-Pey gehörte fast zwanzig Jahre lang zu dem bahnbrechenden Küchenteam des Restaurants elBulli. Eines Tages beschloss er, seine Kreativität in den Dienst der Wissenschaft und Gesundheit zu stellen. Als Leiter des Küchenbereichs der Stiftung Alícia in Barcelona entwickelt und bietet der Chefkoch Lösungen im Ernährungsbereich, sodass Kinder und Erwachsene mit Einschränkungen in der Ernährung so gesund und reichhaltig wie möglich essen können. Seine Führungsmentalität war für den Erfolg der Projekte, die das Alltagsleben von Kranken verbessert haben, von wesentlicher Bedeutung. Er kreiert Rezepte für Patienten, die ausschließlich Mahlzeiten mit veränderter Textur zu sich nehmen können und beteiligt sich an der Produktion pädagogischer Videospiele. Erst seit kurzem bietet er Speisezubereitungen für Menschen an, die gegen verschiedene Arten von Krebs behandelt werden. Seine Führer sind kostenlos und stehen der gesamten Bevölkerung online zur Verfügung.
Matt Orlando. Dänemark/USA
Einer der einflussreichsten Köche im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Mit einem innovativen Fokus zeigt Orlando auf, dass die effiziente Nutzung von Zutaten und Ressourcen eher mit Paradigmenwechseln und der Umsetzung logischer Kreisläufe in Zusammenhang steht, als „etwas zu nutzen, das keinen Wert aufweist“. Für Orlando hat alles, was in einem Produkt steckt, Potenzial und der Koch sollte es (unabhängig von der Zutat) ausschöpfen. In seinem Restaurant Amass setzt er auf ein Ambiente mit gesundem Konkurrenzverhalten innerhalb seines Teams, um neue Lösungen und Techniken zu finden, wobei er die Forschung mit den Waffen der Haute Cuisine vereint. Im Amass werden ausschließlich Bio-Betriebsmittel verwendet und es ist ihm gelungen, seine Abfälle in den vergangenen drei Jahren um 75 % zu verringern. Als ehemalige rechte Hand von Rene Redzepi macht Orlando sein Restaurant zu einer pädagogischen Ressource mit Workshops, in denen Kinder aus der Stadt das Anpflanzen, Kochen und Konsumieren von pflanzlichen Produkten erlernen.
Virgilio Martínez. Peru
Mehr als mit seinen Restaurants stehen die Aktivitäten von Virgilio Martínez mit einer Art in Zusammenhang, die Gastronomie so zu verstehen und zu erleben, dass Innovation, Forschung und Entwicklung sich auf einer Achse mit den Ökosystemen und uraltem Wissen verbinden. Der Chefkoch des renommierten Restaurants Central (aktuell Platz 6 auf der Liste der „World´s 50 Best Restaurants“) leitet gemeinsam mit seiner Schwester Malena ein interdisziplinäres Team im Forschungszentrum Mater Iniciativa. Es arbeitet gerade an einer Plattform für die Dokumentation, den Austausch und Experimente, mit der er darüber hinaus eine besondere Sichtweise von Themen wie die biologische Vielfalt (auf ökologischer und sozialer Ebene) fördert. Mit MIL, seinem neuen Restaurant in mehr als 3.500 Meter Höhe, das sich gegenüber den Inka-Ruinen Moray befindet, etabliert er ein inspirierendes Modell für das Gaststättengewerbe und die Interaktion mit in einem bestimmten Gebiet verbreiteten Gesellschaften, die er in nachhaltige Praktiken in der Landwirtschaft, in einen Wissensaustausch und in die Schaffung multikultureller Dialoge einbezieht. Darüber hinaus setzt sich Virgilio Martínez dafür ein, die Verbindungen zwischen den lateinamerikanischen Ländern durch Zusammenkünfte neuer Talente zu vertiefen.
Weitere Infos findet ihr auf der Homepage des Basque Culinary World Prize