Was nach einem kuriosen Einzelfall aussieht, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als durchaus ernstzunehmender Eingriff in ein Geschäftsfeld, das still und leise aus dem Ruder gelaufen ist – der Handel mit Restaurant-Reservierungen in New York. Interessant zu sehen, dass der Staat jetzt reagiert. Denn wer regelmäßig versucht hat, einen Tisch in einem der angesagten Lokale zu ergattern, weiß, wie schnell sich eine vermeintlich harmlose Onlinebuchung in eine Geduldsprobe verwandelt.
Foto: ©Derk Hoberg
Tatsächlich hatten sich in den letzten Jahren Plattformen etabliert, die mithilfe von Bots massenhaft kostenlose Reservierungen abgriffen und anschließend für teils absurde Preise weiterverkauften. 250 Dollar für ein Frühstück in Williamsburg oder 3.000 Dollar für einen Silvesterabend in SoHo waren keine Seltenheit.
Inmitten dieser digitalen Spekulationswelle verlor die Gastronomie mehr und mehr die Kontrolle über ihre eigene Tischvergabe und die Gäste den Spaß an der Suche nach einem Platz.
Tische wurden in New York zur Handelsware
Der neue „Restaurant Reservation Anti-Piracy Act“ setzt genau dort an. Seit Februar 2025 ist es in New York illegal, Reservierungen ohne Zustimmung des betroffenen Restaurants zu verkaufen oder auch nur öffentlich zu listen. Plattformen, die bisher damit Geld verdient haben, geraten nun ins Visier der Behörden, bei Verstoß drohen saftige Strafen von bis zu 1.000 US-Dollar pro Tag und Reservierung.
Ziel des Gesetzes ist es, den Restaurants wieder die Kontrolle über ihre Auslastung zurückzugeben und die No-Show-Quote zu senken, die durch gekaufte Reservierungen teils stark gestiegen war. Wer für einen Platz zahlt, fühlt sich nicht immer verpflichtet, auch tatsächlich zu erscheinen.
Dabei braucht gerade die gehobene Gastronomie Planungssicherheit. Dort, wo Küchen mit Präzision arbeiten, Reservierungszeiten minutiös getaktet werden und jeder freie Stuhl zählt, kann der Ausfall einer ganzen Tischgruppe den Abend finanziell kippen – so wie eine defekte Teigmaschine für die Gastro den gesamten Service aus dem Takt bringen würde.
Erlaubt bleiben hingegen Plattformen wie Resy, OpenTable oder Tock, die mit den Lokalen direkt kooperieren und keine Zwischenhändler dulden. Auch Concierge-Services und exklusive Kreditkartenprogramme wie die von American Express dürfen weiterhin Tische vermitteln, vorausgesetzt, das Restaurant spielt aktiv mit. Der Unterschied liegt in der Transparenz: keine Bots, keine Schattenprofile, kein Zwischenhandel.
Kontrolle, Gerechtigkeit und die Rückeroberung der Gästeliste
Für viele Gastronomen ist das Gesetz ein Befreiungsschlag. Lange mussten sie dabei zusehen, wie Fremde aus ihren Tischen Kapital schlugen, während Stammkunden leer ausgingen. Die neue Regelung markiert eine Rückkehr zur Fairness, zumindest auf dem Papier.
Ob das Gesetz auch langfristig Wirkung zeigt, wird sich zeigen müssen. Denn wo Regulierung beginnt, sucht die Grauzone oft schon nach dem nächsten Schlupfloch. Denkbar wäre, dass der Handel mit Reservierungen in exklusive Netzwerke abwandert oder diskret über persönliche Kontakte läuft. Auch Hotel-Concierges ohne direkte Rücksprache mit dem Lokal könnten versuchen, den Deal trotzdem zu machen. Die Infrastruktur dafür ist da, man muss sie nur anders nutzen.
Was sich New York traut und was andere Städte daraus lernen könnten
New York ist mit diesem Schritt Vorreiter weltweit. Bislang hat sich keine andere Stadt so deutlich gegen den privaten Handel mit Restaurantplätzen ausgesprochen. Dabei kennt man ähnliche Tendenzen auch aus Metropolen wie Paris oder London, wo Tische in Szene-Lokalen ebenso heiß begehrt sind. Ob dort ähnliche Gesetze folgen, hängt stark vom öffentlichen Druck ab.
Und ganz nebenbei wirft die Debatte auch die Frage auf, welche Rolle Exklusivität überhaupt noch spielen sollte, wenn selbst das Abendessen zur Eintrittskarte wird. Wer schon einmal in einem kleinen Restaurant mit offener Küche saß, weiß: Es braucht keine VIP-Liste, um ein besonderes Erlebnis zu schaffen – oft reicht ein gutes Team, frische Zutaten und ein Gastro Kühlschrank, der zuverlässig kühlt.